Wie kann man sein Kind aus einer Traurigkeit herausholen?
Warum man das gar nicht sollte und wie Eltern ihren eigenen Umgang mit Traurigsein betrachten und daraus lernen können, erklärt Julia Tiedge im Gespräch mit Tanja Mairhofer.
"Wenn das Kind einfach nur traurig sein will, ist das auch okay."
Wichtig für das Kind ist, dass wir dem Ganzen Raum geben, dass es darüber sprechen kann, was es traurig gemacht hat, dass wir es trösten, dass wir Körpernähe anbieten und fragen: Was brauchst du? Soll ich dir einen Tee machen? Möchtest du, dass ich dir den Rücken kraule? Sollen wir was spielen? Was würde dir jetzt guttun mit deiner Traurigkeit? Und wenn das Kind einfach nur traurig sein will, ist das auch okay. Dann kann man fragen, soll ich bei dir bleiben oder möchtest du alleine sein? Und wenn man rausgeschickt wird, sollte man aber immer dazu sagen: Ich gehe jetzt raus, wenn du das möchtest, ich bin in der Küche, im Wohnzimmer, wenn du mich brauchst, dann komm zu mir oder ruf mich.
Manchmal brauchen Kinder einen Moment, bis sie schaffen, darüber zu sprechen. Und wenn das nicht so ist, dann haben sie eben einen schlechten Tag. Dann reicht vielleicht auch die Information: Heute ist einfach so ein Tag, solche Tage habe ich auch. Weißt du was? Dann gehen wir heute mal früh ins Bett, wir machen es uns ganz gemütlich, wir lesen dein Lieblingsbuch und morgen ist ein neuer Tag.
Eltern können auch selbst einmal erspüren: Wo ist die Traurigkeit auch bei mir? Das fühlt sich so an, da in meinem Körper ist das, ich bin jetzt traurig und auch selbst einmal zu schauen: Was tut mir jetzt gut? Oft sind das die Dinge, die wir den Kindern dann anbieten. Wenn wir beispielsweise Süßigkeiten anbieten, was keine gute Lösung ist, dann machen wir das meist, weil wir es selbst so gelernt haben.
Dann kann man selbst mal überprüfen, welche Strategien im Umgang mit Traurigkeit habe ich, was hilft mir davon eigentlich und was davon ist vielleicht weniger schädlich.
Auf jeden Fall sollten Eltern ihre Traurigkeit zeigen. Es ist wichtig für die Kinder zu sehen, dass wir auch alle Gefühle haben und dass sie auch alle Gefühle erleben dürfen. Da Kinder sich aber sehr auf uns fokussieren und gucken, wie es uns geht, ist es wichtig, dass wir stabil bleiben. Zu weinen ist kein Problem, aber wenn wir sehr verzweifelt sind vor unseren Kindern und ihnen das Gefühl geben, wir wissen überhaupt nicht mehr, was jetzt passieren soll und völlig hilflos sind, dann macht es ihnen natürlich Angst, weil sie von uns abhängig sind. Wir sollten also versuchen, sortiert zu bleiben, auch wenn wir mal Gefühle zeigen.
Wenn uns das mal nicht gelingt, zum Beispiel bei einem traumatischen Ereignis – jemand verstirbt überraschend – und das Kind ist zufällig dabei, das kann man ja nicht immer verhindern, dann sollte man danach noch einmal darüber sprechen: Das war ganz schrecklich, ich hab mich gefühlt, als wäre der Boden unter meinen Füßen weg und erklären, warum man so laut war, so heftig geweint hat und verzeifelt wirkte. Dann kann das Kind das einordnen und merkt, das war eine Phase, ein Gefühl und jetzt ist es wieder besser.
Einmal ist es Achtsamkeit, also das Wahrnehmen und Lokalisieren eines Gefühls. Und dann darüber sprechen, um es wieder rauszubringen und das Gefühl nicht im Körper zu belassen.
Bei Freude tun wir das über Tanzen, Springen oder ähnliches, also eine körperliche Aktivität. Bei Traurigkeit ist es genau andersherum: Wir gehen in einen Rückzug, wir brauchen eine Schutzhülle, eine Decke, Körperkontakt, also eine Umarmung, ein bisschen Halt. Das sind Dinge, die dann helfen können.
Manchmal gibt es Tage, da will einfach nichts klappen und nichts macht Spaß. So geht es Elisabeth in der Kita, denn keiner möchte mit ihr spielen. „Ich fühle was, was du nicht fühlst“ singt Eva für Knolle, der sein ungutes Gefühl nicht in Worte fassen kann. Aber wie fühlt sich traurig sein an und was kann man dagegen tun? Diese elefantastische Folge zeigt kleinen Kindern einfühlsam, was helfen kann, wenn man traurig ist.