Wozu ist Angst gut?

Warum Angst sehr wichtig ist für uns und dass die meisten Ängste bei Kindern normal sind erklärt Julia Tiedge im Gespräch mit Tanja Mairhofer.

 

Und warum auch mal ein Anti-Monster-Spray helfen kann!

Hase tröstet ängstlichen Elefanten

Julia Tiedge ist Kinder- und Jugendlichentherapeutin, Pädagogin und dreifache Mutter. Im Interview mit Tanja Mairhofer aus der Sendung mit dem Elefanten spricht sie über ihre Erfahrungen aus der Praxis und gibt Einordnungen, Tipps und Hilfestellungen. 

"Bei Ängsten, egal in welchem Alter, sollten wir nicht in die Vermeidung gehen."

Kinderpsychotherapeutin Julia Tiedge

Interview: Wie Kinder und Eltern mit Angst umgehen

Das Wichtigste in Kürze:
  • Angst ist gut, sie schützt uns
  • typische Ängste: Dunkelheit, Monster, Einbrecher, Tiere
  • nicht die Angst vermeiden, sondern sich annähern
  • Was kann dem Kind helfen, was kann eine Brücke sein?

Wozu ist Angst eigentlich gut?

Angst ist sehr wichtig, weil sie uns schützt. Wenn wir keine Angst hätten, könnten wir ganz einfach sterben. Indem wir schlimme Unfälle hätten, einfach auf die Straße laufen würden, wir würden einfach nicht spüren, welche Situation ist sicher und welche ist unsicher? Deswegen ist es gut, dass wir Angst haben.

So ist es bei unseren Kindern auch: Angst entwickelt sich im Laufe der Kindheit ganz natürlich. Alle Kinder haben bestimmte Ängste in einem bestimmten Alter, das verschwindet wieder in einem bestimmten Alter und ist nicht dramatisch, wenn die Kinder gut begleitet und nicht allein gelassen werden mit diesem großen Gefühl.

Die Kinder haben Angst vor Dingen, die sie gerade anfangen zu begreifen: Wenn sie verstehen, es könnte jemand Fremdes von außen in unsere Haus eindringen, dann haben sie Angst davor. Weil das Gehirn erst einmal lernen muss, dass es diese Möglichkeit ja gibt. Wir Erwachsenen wissen das auch und verdrängen es. Kinder können das aber noch nicht so gut. Sie haben also etwas Neues verstanden und die Konsequenz davon macht ihnen dann Angst. 

Deshalb haben sie oft Angst vor Dunkelheit, Einbrechern, vor verschiedenen Tieren – oft sind das Hunde, weil sie sehr unkontrolliert aggressiv sein können für ein Kind, das sich nicht mit Hunden auskennt – oder Insekten. 

Wenn man mit Kindern über die Monster unter dem Bett redet – so kenne ich es zumindest aus meiner Praxis – sagen sie oft: Ich weiß eigentlich, dass da kein Monster ist, weil Monster gibt es ja gar nicht. Zum Teil ist ihnen also schon bewusst, dass das nicht real ist. Aber in diesem Alter leben sie auch sehr in magischen Welten, versinken in Rollenspielen in Traumwelten. Das führt dazu, dass diese Traumwelten sehr aktiv sind – und besonders, wenn es dunkel ist, sie Angst haben, abends im Bett liegen und müde sind vom anstrengenden Tag können sie nicht mehr unterscheiden, ob es real ist oder nicht.

Als Eltern kann man dann sagen, du weißt ja, Monster gibt es nicht. Wenn das aber nicht hilft, dann hilft es manchmal, sich auf diese Traumwelt einzulassen. Es gibt Eltern, die haben ein Anti-Monster-Spray (Sprühflasche mit Wasser und ein paar Tropfen Lavendelöl z.B., Anm. d. Redaktion) und das funktioniert manchmal richtig gut.

Oder mal zu fragen: Was glaubst du, will denn das Monster? Vielleicht möchte es mit dir spielen und hat keine Freunde? Wer sagt denn, dass das Monster böse ist? Es gibt ein paar schöne Filme oder Bücher, die mit der Angst vor Monstern spielen, so dass man dem Kind die Angst nehmen kann. 

Bei Ängsten, egal in welchem Alter, sollten wir nicht in die Vermeidung gehen. Wenn wir die Situationen vermeiden können wir nicht die Erfahrung machen, dass ja doch alles gut ist. Also wenn ich Angst habe vor Hunden und nirgendwo hingehe, wo es Hunde gibt, kann ich nicht die Erfahrung machen, der Hund ist einfach an mir vorbeigelaufen, es ist nichts passiert. Und damit wächst die Angst, sie wird größer.

Man muss das Niveau finden, auf dem das Kind das aushalten kann. Wenn das Niveau zu niedrig ist, dann ist es keine Herauforderung, ich erwarte nichts vom Kind und sage einfach, du hast Angst davor, dann gehen wir da nicht mehr hin. Wenn es zu hoch ist, überfordere ich das Kind und schiebe das Kind in eine Richtung – dann wird die Angst so groß, dass das Kind vielleicht ganz zumacht und ich verstärke dadurch die Angst. 

Ich muss also schauen, was kann eine Brücke sein? In der Folge der Sendung mit dem Elefanten beim Konstantin ist es die helfende Hand, die später gar nicht mehr gebraucht wird. Oder man fragt: Ich weiß, du hast in dieser Situation Angst, wir müssen heute zum Arzt und du wirst eine Impfung kriegen – was würde dir helfen? Wir können das nicht verhindern, das wird heute passieren, aber was können wir mitnehmen, was kann dir Mut machen, was kann dir helfen, die Situation besser auszuhalten?

Zu den anderen Gefühlen

Video: Gefühle-Sendung – Wie fühlt sich Angst an?

Angst ist ein starkes Gefühl, dass alle Kinder kennen. Konstantin hat Angst, bei einem Zirkus-Kunststück. Die Mini Boings springen von einem Sprungbrett, doch Blau traut sich nicht. Und Anke Engelke und Carolin Kebekus machen – mit einer großen Portion Quatsch – eine ganz besonders gefürchtete Sportart: Hochseilakrobatik. Wie sich Angst anfühlt und wie man sie überwinden kann zeigen der kleine blaue Elefant und seine Freunde in dieser Folge.